Scheinselbständigkeit am Bau

Besuch vom Zoll, so beginnen die Probleme mit der Scheinselbständigkeit am Bau häufig. Manchmal klingeln die Zollbeamten höflich und bitten um Unterlagen, oft aber kommt der Besuch vom Zoll mit einem Durchsuchungsbeschluß. Oder es gibt eine unangemeldete Kontrolle auf Baustellen. Für viele Bauunternehmen und selbständige Subunternehmer kann der Besuch existenbedrohliche Folgen haben: Die selbständigen Subunternehmer sind häufig rentenversicherungspflicht im Sinne des § 2 SGB VI, ohne davon zu wissen, die Auftraggeber beschäftigten oft Scheinselbständige im Sinne des § 7 SGB IV, ebenfalls ohne davon zu wissen.

In letzter Zeit häufen sich die anwaltlichen Beratungen von Bauunternehmen, häufig leider zu einem Zeitpunkt, in dem an der Sachlage kaum noch etwas zu ändern ist. Gemeinsam ist allen Fällen, dass die Steuerberater nicht gewarnt haben. Im Gegenteil haben die Steuerberater oft ausdrücklich entwarnt, und zwar mit folgenden Begründungen:

  • wenn die Subunternehmer mehrere Auftraggeber haben, besteht kein Risiko
  • beim Einsatz von Subunternehmern im „Dreiecksverhältnis“ gebe es kein Problem

In einem aktuellen Fall eines jungen Unternehmens hat der Steuerberater gesagt:

  • in den ersten drei Jahren geben es eine Schonfrist für neue Unternehmen

Alles plausibel klingende Begründungen der Steuerberater, die die Betroffenen auch geglaubt haben. Die Begründungen sind auch nah dran an der Wahrheit, aber leider nur nah dran. Denn es handelt sich um folgenschwere Rechtsirrtümer der Steuerberater, die für die Mandanten existenzbedrohende Folgen haben, nämlich Nachzahlungen der Sozialversicherungsabgaben für die Solo-Selbständigen, die häufig aus Polen kommen. In einem Fall geht es um 300000 Euro bei einem kleinen und vor wenigen Jahren neugegründeten Unternehmen.

Die polnischen Selbständigen im Baugewerbe setzen für die beauftragenden Unternehmen in der Regel nur ihre Arbeitskraft ein, werden nach Stunden vergütet und setzen beim Auftrag keine eigenen Betriebsmittel ein. Das reicht dem Zoll und der DRV, um zum Ergebnis zu kommen, dass eine scheinselbständige Beschäftigung vorliegt. Unerheblich ist, dass die Subunternehmer ein Gewerbe angemeldet, Rechnungen gestellt und weitere Auftraggeber haben.

Die angebliche Schonfrist in den ersten drei Jahren gilt nicht bei Scheinselbständigkeit, sondern nur bei der Rentenversicherungspflicht der solo-selbständigen Subunternehmer, und auch nur, wenn sie dies beantragt haben und auch nur ab dem Zeitpunkt des Antrags. Von einem Antrag hat der Steuerberater nicht gesprochen, ist letztlich auch unerheblich, weil er das Problem der Scheinselbständigkeit nicht löst.

Auch die 5/6 Regel (andere Auftraggeber) hat seit 2003 nichts mehr mit dem Thema Scheinselbständigkeit zu tun, sondern ist nur noch für die Frage der arbeitnehmerähnlichen Selbständigkeit relevant. Auch hier verwechseln die Steuerberater oft die rechtlichen Probleme.

Dass eine Beauftragung von Subunternehmern und ihr Einsatz beim Endkunden „im Dreiecksverhältnis“ eine Lösung sein soll, ist ein folgenschwerer Irrtum. Im Gegenteil führt der Einsatz von scheinselbständigen Subunternehmern nur zu einer weiteren Problematik: der Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis. Jedenfalls wenn der Zoll im Spiel ist, wird diese Thematik offenbar.

Für die betroffenen Bauunternehmen gibt es häufig nur die Hoffnung, den Steuerberater in Regreß zu nehmen. Diese muss nämlich unter Umständen seine Mandanten auf das Problem aufmerksam machen, wenn sich aus der Lohnbuchhaltung Hinweise auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ergeben. Der BGH verlangt sogar, dass der Steuerberater an einen spezialisierten Rechtsanwalt verweist. Wenn sogar ein falscher Rat gegeben wird, dürfte ein Fall der Steuerberaterhaftung vorliegen. Unter Umständen zahlt dann die Haftpflichtversicherung des Steuerberaters die Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung.

Allerdings kommt oft, wenn der Zoll die Untersuchungen führt, auch die Staatsanwaltschaft ins Spiel. Die Folgen einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe ersetzt auch die Haftpflichtversicherung des Steuerberaters nicht.

Mehr Informationen zu den Themen

finden Sie in unserem Rechtslexikon unter dem entsprechenden Stichwort oder wenn Sie die Links anklicken, also den Begriff. Die Beiträge werden ständig aktualisiert und befinden sich (jetzt) auf dem Rechtsstand April 2015.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Köln und Brühl

Besuch vom Zoll, so beginnen die Probleme mit der Scheinselbständigkeit am Bau häufig. Manchmal klingeln die Zollbeamten höflich und bitten um Unterlagen, oft aber kommt der Besuch vom Zoll mit einem Durchsuchungsbeschluß. Oder es gibt eine unangemeldete Kontrolle auf Baustellen. Für viele Bauunternehmen und selbständige Subunternehmer kann der Besuch existenbedrohliche Folgen haben: Die selbständigen Subunternehmer sind häufig rentenversicherungspflicht im Sinne des § 2 SGB VI, ohne davon zu wissen, die Auftraggeber beschäftigten oft Scheinselbständige im Sinne des § 7 SGB IV, ebenfalls ohne davon zu wissen.

In letzter Zeit häufen sich die anwaltlichen Beratungen von Bauunternehmen, häufig leider zu einem Zeitpunkt, in dem an der Sachlage kaum noch etwas zu ändern ist. Gemeinsam ist allen Fällen, dass die Steuerberater nicht gewarnt haben. Im Gegenteil haben die Steuerberater oft ausdrücklich entwarnt, und zwar mit folgenden Begründungen:

  • wenn die Subunternehmer mehrere Auftraggeber haben, besteht kein Risiko
  • beim Einsatz von Subunternehmern im „Dreiecksverhältnis“ gebe es kein Problem

In einem aktuellen Fall eines jungen Unternehmens hat der Steuerberater gesagt:

  • in den ersten drei Jahren geben es eine Schonfrist für neue Unternehmen

Alles plausibel klingende Begründungen der Steuerberater, die die Betroffenen auch geglaubt haben. Die Begründungen sind auch nah dran an der Wahrheit, aber leider nur nah dran. Denn es handelt sich um folgenschwere Rechtsirrtümer der Steuerberater, die für die Mandanten existenzbedrohende Folgen haben, nämlich Nachzahlungen der Sozialversicherungsabgaben für die Solo-Selbständigen, die häufig aus Polen kommen. In einem Fall geht es um 300000 Euro bei einem kleinen und vor wenigen Jahren neugegründeten Unternehmen.

Die polnischen Selbständigen im Baugewerbe setzen für die beauftragenden Unternehmen in der Regel nur ihre Arbeitskraft ein, werden nach Stunden vergütet und setzen beim Auftrag keine eigenen Betriebsmittel ein. Das reicht dem Zoll und der DRV, um zum Ergebnis zu kommen, dass eine scheinselbständige Beschäftigung vorliegt. Unerheblich ist, dass die Subunternehmer ein Gewerbe angemeldet, Rechnungen gestellt und weitere Auftraggeber haben.

Die angebliche Schonfrist in den ersten drei Jahren gilt nicht bei Scheinselbständigkeit, sondern nur bei der Rentenversicherungspflicht der solo-selbständigen Subunternehmer, und auch nur, wenn sie dies beantragt haben und auch nur ab dem Zeitpunkt des Antrags. Von einem Antrag hat der Steuerberater nicht gesprochen, ist letztlich auch unerheblich, weil er das Problem der Scheinselbständigkeit nicht löst.

Auch die 5/6 Regel (andere Auftraggeber) hat seit 2003 nichts mehr mit dem Thema Scheinselbständigkeit zu tun, sondern ist nur noch für die Frage der arbeitnehmerähnlichen Selbständigkeit relevant. Auch hier verwechseln die Steuerberater oft die rechtlichen Probleme.

Dass eine Beauftragung von Subunternehmern und ihr Einsatz beim Endkunden „im Dreiecksverhältnis“ eine Lösung sein soll, ist ein folgenschwerer Irrtum. Im Gegenteil führt der Einsatz von scheinselbständigen Subunternehmern nur zu einer weiteren Problematik: der Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis. Jedenfalls wenn der Zoll im Spiel ist, wird diese Thematik offenbar.

Für die betroffenen Bauunternehmen gibt es häufig nur die Hoffnung, den Steuerberater in Regreß zu nehmen. Diese muss nämlich unter Umständen seine Mandanten auf das Problem aufmerksam machen, wenn sich aus der Lohnbuchhaltung Hinweise auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ergeben. Der BGH verlangt sogar, dass der Steuerberater an einen spezialisierten Rechtsanwalt verweist. Wenn sogar ein falscher Rat gegeben wird, dürfte ein Fall der Steuerberaterhaftung vorliegen. Unter Umständen zahlt dann die Haftpflichtversicherung des Steuerberaters die Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung.

Allerdings kommt oft, wenn der Zoll die Untersuchungen führt, auch die Staatsanwaltschaft ins Spiel. Die Folgen einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe ersetzt auch die Haftpflichtversicherung des Steuerberaters nicht.

Mehr Informationen zu den Themen

finden Sie in unserem Rechtslexikon unter dem entsprechenden Stichwort oder wenn Sie die Links anklicken, also den Begriff. Die Beiträge werden ständig aktualisiert und befinden sich (jetzt) auf dem Rechtsstand April 2015.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Köln und Brühl