Anästhesist

Scheinselbständigkeit im Krankenhaus – Narkosearzt (Honorararzt)

Ein Honorararzt, der im Krankenhaus auf selbständiger Basis Leistungen erbringt, kann scheinselbständig sein. Das gilt nicht nur für den Narkosearzt (Anästhesist), der gegen Honorar mit dem Krankenhaus abrechnet.

Rechtsansicht der DRV zur Sozialversicherungspflicht beim Honorararzt

Nach Ansicht der Deutschen Rentenversicherung gilt folgendes:

Auch wenn Ärzte bei Ausübung ihrer Tätigkeit nur den Regeln der ärztlichen Kunst unterworfen sind und Therapiefreiheit besitzen, kommt es für die versicherungsrechtliche Beurteilung entscheidend darauf an, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Diese Eingliederung kann insbesondere bei Diensten höherer Art, wie beispielsweise bei ärztlichen Tätigkeiten, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert sein. So erfolgen z. B. die Tätigkeiten von Ärzten in einem Explantationsteam, als Hubschrauberarzt, als Notarzt oder als Notdienstarzt regelmäßig im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses.

Honorarärzte in einem Krankenhaus sind abhängig Beschäftigte, wenn eine Eingliederung in die jeweilige Arbeitsorganisation vorliegt, sie also innerhalb des laufenden Geschäfts des Krankenhauses Teil der Gesamtorganisation sind. Werden Honorarärzte als Vertretung für Chefärzte, Oberärzte oder Assistenzärzte eingesetzt, liegt schon allein deshalb eine Einbindung vor, weil sie in Vertretung für abhängig beschäftigte Ärzte Personalverantwortung für Pflegepersonal bzw. andere Ärzte tragen. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall.

Honorarärzte können im Einzelfall eine selbstständige – nicht versicherungspflichtige – Tätigkeit innerhalb eines Krankenhauses ausüben, falls die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass keine arbeitsorganisatorische Eingliederung besteht.

Aus einer Publikation der DRV aus dem Jahre 2016

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) sah sich in einem Gespräch im Sommer 2012 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) nicht in der Lage, verbindliche Kriterien für eine rechtssichere Abgrenzung zu formulieren.

Urteile des Bundessozialgerichts und der Sozialgerichte zur Sozialversicherungspflicht beim Honorararzt

Eine höchstrichterliche Entscheidung durch das Bundessozialgericht liegt zwar bis dato nicht vor, sondern nur aktuelle und die Rechtslage unterschiedlich bewertende Entscheidungen von Sozialgerichten und Landessozialgerichten.

Nach Meinung des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom allerdings gilt:

„Die Ausübung des ärztlichen Berufs erfolgt – vom Beamtenverhältnis abgesehen – entweder in freier Niederlassung oder im Angestelltenverhältnis. Krankenhausärzte sind weiterhin in der Regel angestellte Ärzte.“

Die Gerichte machen einen Unterschied zwischen Arztvertretern und Belegärzten mit eigener Praxis:

„Dem Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55) lag zuletzt die Bestellung eines ärztlichen Vertreters durch einen praktizierenden Facharzt zu Grunde. Der Arztvertreter sei – so das BSG (vgl. BSGE 10, 41, 44) bei seiner Ausübung als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen. Dieser sei insbesondere nicht berechtigt, in die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit seines Vertreters einzugreifen. Der Vertreter trage im Gegensatz zum angestellten Assistenzarzt alleine die Verantwortung für die Behandlung der Patienten und sei nicht in der Lage, Verantwortungen für sein ärztliches Handeln auf den Praxisinhaber abzuwälzen. Der Arztvertreter sei auch nicht in den Praxisbetrieb eingegliedert, weil es an einem Unterordnungsverhältnis fehle.“

(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2014 – L 1 KR 405/12 –, juris)

In höheren Instanzen ist derzeit ein Trend zur Annahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (insbesondere bei einem gegen Honorar im Krankenhaus eingesetzten selbständigen Narkosearzt – Anästhesist, Notarzt und Stationsarzt) festzustellen. In einer älteren Entscheidung hat das Bundessozialgericht aber noch geurteilt, dass die Abrechnung des Honorars mit den Krankenkassen durch eine andere Person nicht dazu führt, dass Sozialversicherungspflichtigkeit (Scheinselbständigkeit) besteht.

Do´s & Dont´s beim Honorararzt (Narkosearzt)

Zu raten ist zu einer möglichst sicheren Vertragsgestaltung. Betroffen von der riskanten Rechtslage sind nicht nur Honorarärzte im Krankenhaus, sondern auch in Arztpraxen (z.B. selbständige Anästhesisten), aber auch auf Honorarbasis arbeitende selbständige Operationspfleger, Krankenschwestern und ärztliche Psychotherapeuten ohne eigene Praxis.

Abzuraten ist von einer unüberlegten Einleitung eines Statusfeststellungsverfahren ohne vorherige qualifizierte anwaltliche Beratung.

Folgen einer schlechten Beratung

Die Rechtsfolgen für den Narkosearzt sind gravierend (Rückabwicklung der steuerlichen Seite), aber noch gravierender für den Auftraggeber. So führt die Feststellung einer scheinselbständigen Beschäftigung in einer Betriebsprüfung zu sofort vollstreckbaren Nachforderungen bis zu fünf Jahren rückwirkend, bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren.

 

Michael W. Felser,
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Köln /Berlin

Ein Honorararzt, der im Krankenhaus auf selbständiger Basis Leistungen erbringt, kann scheinselbständig sein. Das gilt nicht nur für den Narkosearzt (Anästhesist), der gegen Honorar mit dem Krankenhaus abrechnet.

Rechtsansicht der DRV zur Sozialversicherungspflicht beim Honorararzt

Nach Ansicht der Deutschen Rentenversicherung gilt folgendes:

Auch wenn Ärzte bei Ausübung ihrer Tätigkeit nur den Regeln der ärztlichen Kunst unterworfen sind und Therapiefreiheit besitzen, kommt es für die versicherungsrechtliche Beurteilung entscheidend darauf an, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Diese Eingliederung kann insbesondere bei Diensten höherer Art, wie beispielsweise bei ärztlichen Tätigkeiten, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert sein. So erfolgen z. B. die Tätigkeiten von Ärzten in einem Explantationsteam, als Hubschrauberarzt, als Notarzt oder als Notdienstarzt regelmäßig im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses.

Honorarärzte in einem Krankenhaus sind abhängig Beschäftigte, wenn eine Eingliederung in die jeweilige Arbeitsorganisation vorliegt, sie also innerhalb des laufenden Geschäfts des Krankenhauses Teil der Gesamtorganisation sind. Werden Honorarärzte als Vertretung für Chefärzte, Oberärzte oder Assistenzärzte eingesetzt, liegt schon allein deshalb eine Einbindung vor, weil sie in Vertretung für abhängig beschäftigte Ärzte Personalverantwortung für Pflegepersonal bzw. andere Ärzte tragen. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall.

Honorarärzte können im Einzelfall eine selbstständige – nicht versicherungspflichtige – Tätigkeit innerhalb eines Krankenhauses ausüben, falls die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass keine arbeitsorganisatorische Eingliederung besteht.

Aus einer Publikation der DRV aus dem Jahre 2016

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) sah sich in einem Gespräch im Sommer 2012 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) nicht in der Lage, verbindliche Kriterien für eine rechtssichere Abgrenzung zu formulieren.

Urteile des Bundessozialgerichts und der Sozialgerichte zur Sozialversicherungspflicht beim Honorararzt

Eine höchstrichterliche Entscheidung durch das Bundessozialgericht liegt zwar bis dato nicht vor, sondern nur aktuelle und die Rechtslage unterschiedlich bewertende Entscheidungen von Sozialgerichten und Landessozialgerichten.

Nach Meinung des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom allerdings gilt:

„Die Ausübung des ärztlichen Berufs erfolgt – vom Beamtenverhältnis abgesehen – entweder in freier Niederlassung oder im Angestelltenverhältnis. Krankenhausärzte sind weiterhin in der Regel angestellte Ärzte.“

Die Gerichte machen einen Unterschied zwischen Arztvertretern und Belegärzten mit eigener Praxis:

„Dem Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55) lag zuletzt die Bestellung eines ärztlichen Vertreters durch einen praktizierenden Facharzt zu Grunde. Der Arztvertreter sei – so das BSG (vgl. BSGE 10, 41, 44) bei seiner Ausübung als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen. Dieser sei insbesondere nicht berechtigt, in die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit seines Vertreters einzugreifen. Der Vertreter trage im Gegensatz zum angestellten Assistenzarzt alleine die Verantwortung für die Behandlung der Patienten und sei nicht in der Lage, Verantwortungen für sein ärztliches Handeln auf den Praxisinhaber abzuwälzen. Der Arztvertreter sei auch nicht in den Praxisbetrieb eingegliedert, weil es an einem Unterordnungsverhältnis fehle.“

(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2014 – L 1 KR 405/12 –, juris)

In höheren Instanzen ist derzeit ein Trend zur Annahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (insbesondere bei einem gegen Honorar im Krankenhaus eingesetzten selbständigen Narkosearzt – Anästhesist, Notarzt und Stationsarzt) festzustellen. In einer älteren Entscheidung hat das Bundessozialgericht aber noch geurteilt, dass die Abrechnung des Honorars mit den Krankenkassen durch eine andere Person nicht dazu führt, dass Sozialversicherungspflichtigkeit (Scheinselbständigkeit) besteht.

Do´s & Dont´s beim Honorararzt (Narkosearzt)

Zu raten ist zu einer möglichst sicheren Vertragsgestaltung. Betroffen von der riskanten Rechtslage sind nicht nur Honorarärzte im Krankenhaus, sondern auch in Arztpraxen (z.B. selbständige Anästhesisten), aber auch auf Honorarbasis arbeitende selbständige Operationspfleger, Krankenschwestern und ärztliche Psychotherapeuten ohne eigene Praxis.

Abzuraten ist von einer unüberlegten Einleitung eines Statusfeststellungsverfahren ohne vorherige qualifizierte anwaltliche Beratung.

Folgen einer schlechten Beratung

Die Rechtsfolgen für den Narkosearzt sind gravierend (Rückabwicklung der steuerlichen Seite), aber noch gravierender für den Auftraggeber. So führt die Feststellung einer scheinselbständigen Beschäftigung in einer Betriebsprüfung zu sofort vollstreckbaren Nachforderungen bis zu fünf Jahren rückwirkend, bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren.

 

Michael W. Felser,
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Köln /Berlin