Projektvertrag

Mixed Teams, agile Softwareentwicklung und Compliance

Die Trends in der IT-Branche lauten agile Softwareentwicklung, am liebsten in sogenannten Mixed Teams, in denen externe und interne Mitarbeiter in einem Projekt zusammenarbeiten. Zusammen mit einem zunehmenden Sicherheitsbedürfnis der Auftraggeber (Stichwort Compliance – Beispiel SAP) beim Thema „Scheinselbständigkeit“ führt dies dazu, dass die Beauftragung und Vermittlung selbständiger IT-Berater komplizierter wird.

Agile Softwareentwicklung

Agile Softwareentwicklung versucht mit geringem bürokratischem Aufwand, wenigen Regeln und meist einem iterativen Vorgehen auszukommen. Als Leitsatz gilt: „Je mehr du nach Plan arbeitest, desto mehr bekommst du das, was du geplant hast, aber nicht das, was du brauchst.“, so Wikipedia.  Die Zusammenarbeit erfolgt dabei flexibel, d.h. so unbürokratisch wie möglich. Die Ziele werden dabei uU täglich überprüft und angepasst. Agile Softwareentwicklung steht in einem Widerspruch zu einer exakten vertraglichen Definition der zu erbringenden Leistung („Leistungsverzeichnis“), sie ähnelt mehr einer weisungsabhängigen Tätigkeit, also dem flexiblen Einsatz von Arbeitnehmern durch das sich auch auf Inhalte beziehende Weisungsrecht.

Mixed Teams

In Mixed Teams werden externe und interne Mitarbeiter gemeinsam eingesetzt, um an einem Projekt zu arbeiten. Unterschiede zwischen Externen und Internen werden – bis auf den formalen Status – dabei weitgegehend eingeebnet.

Compliance

Compliance und Verantwortlichkeiten für Risiken im Unternehmen führen dazu, dass die Angst der intern Verantwortlichen vor einer Beauftragung von Selbständigen zunimmt und damit das Bedürfnis nach möglichst 100 %iger Rechtssicherheit. Risikofreiheit ist beim Thema „Scheinselbständigkeit“ aber faktisch kaum zu erlangen. Das zeigt sich bereits daran, dass die Betriebsprüfungen meist unproblematisch verlaufen (allerdings ohne Gewähr für die Zukunft) und das Problem der Scheinselbständigkeit bei Freiberuflern (von arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen einmal abgesehen) auschließlich durch Statusfeststellungsverfahren „ausgelöst“ wurde und wird. Auch die Urteile zu dieser Problematik zeigen deutlich, dass die meisten Verfahren auf einem vermutlich überraschenden Ausgang von Statusfeststellungsverfahren beruhen und nur selten auf negativ verlaufenen Betriebsprüfungen.

Verantwortlichkeit für Scheinselbständigkeit

Kurioserweise sehen sich die Auftraggeber nur zum Teil in der Verantwortung für die Problematik der Scheinselbständigkeit. So sehen sich nur „sich 41 Prozent der Auftraggeber selbst in der Hauptverantwortung, wenn es um Maßnahmen gegen die Scheinselbständigkeit geht.“, so die Computerwoche. Auftraggeber sehen die Freiberufler zu einem ebenso hohen Anteil in der Pflicht. Dabei bestimmt der Auftraggeber faktisch alleine die Beschäftigungsumstände und damit die wesentlichen Kriterien, die für die Einordnung als „abhängige Beschäftigung“ maßgeblich sind. Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder die Rede davon ist, dass Freiberufler selbst etwas gegen Scheinselbständigkeit tun müssen, werden dabei meistens „mehrere Auftraggeber“, „Statusfeststellungsverfahren“ und „GmbH-Gründung“ genannt. Die zunehmende Tendenz auf Seiten der Auftraggeber, durch agile Softwareentwicklung und mixed Teams eine nach klassischer Definition scheinselbständige Beschäftigung zu forcieren, wird dabei ausgeblendet.

Nutzlosigkeit des Kriteriums „mehrere Auftraggeber“

In Fragebögen von Auftraggebern wird oft abgefragt, ob der selbständige Auftragnehmer mehrere Auftraggeber hat. Während dieses Kriterium bis 2003 noch eine Rolle bei der Vermutungsregelung (Kriterienkatalog) spielte, hat es aktuell lediglich nur noch eine Bedeutung bei der Frage ob eine arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit vorliegt, nämlich bei der 5/6 Regelung in § 2 Nr. 9 SGB VI. Bei der Frage, ob eine scheinselbständige oder selbständige Beschäftigung vorliegt, kommt es nach Ansicht der DRV und der meisten Sozialgerichte allerdings nur auf den konkreten Auftrag an und damit nicht darauf, ob weitere Auftraggeber und damit Aufträge bestehen. Sowohl die Clearingstelle der DRV prüft den Status der Beschäftigung zwischen dem am Statusfeststellungsverfahren beteiligten Auftraggeber und seinem Auftragnehmer als auch der Betriebsprüfer, der bekanntlich nur bei dem zu prüfenden Unternehmen den Status der „Fremdarbeiten“ unter die Lupe nimmt (und nicht den Auftragnehmer). Anders als beim arbeitnehmerähnlichen Selbständigen steht also nicht die Person des Selbständigen in Fokus der Prüfung, sondern die konkrete Beschäftigung.

Nach Ansicht der DRV kann ein Selbständiger mit mehreren Auftraggebern in jedem der Auftragsverhältnisse anders zu beurteilen sein. Genauer formuliert kann die Beschäftigung bei mehreren Auftraggebern jeweils unterschiedlich zu bewerten sein. Oder wie die DRV auch schon einmal formuliert: Auch Arbeitnehmer können mehrere Arbeitgeber, zB in „Patch-Work-Arbeitsverhältnissen“, haben.

Das große Missverständnis von Auftraggebern – auch großer Konzernunternehmen – besteht also darin, dass diese glauben, der Selbständige könne „scheinselbständig“ sein, quasi als personale Eigenschaft. Tatsächlich ist stets die Beschäftigung selbständig oder scheinselbständig – die immer in der Macht und damit Verantwortung des Auftraggebers liegt.

Untauglichkeit einer GmbH-Gründung

Neben einem Statusfeststellungsverfahren regen Auftraggeber immer öfter die Gründung einer GmbH an. Eine GmbH als „Mantel“ einer nur scheinbar selbständigen Beschäftigung ändert aber rechtlich nichts daran, dass Scheinselbständigkeit vorliegt. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für die Ein-Mann-GmbH. Im Detail hat der Autor zur Mode der GmbH-Gründung an anderer Stelle bereits die Rechtslage und die Position der DRV beleuchtet. Eine GmbH als Mantel einer unveränderten Beschäftigung beim Auftraggeber mag daher das Risiko in der Praxis vor allem bei Betriebsprüfungen tatsächlich verringern, nicht aber bei einer genauen Prüfung, z.B. im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens.

Sinnlosigkeit von Statusfeststellungsverfahren

Statusfeststellungsverfahren können durchaus sinnvoll sein, allerdings nur dann, wenn sie frühzeitig, d.h. im Idealfall vor der Beschäftigungsaufnahme, spätestens aber bis zum Ende des ersten Beschäftigungsmonats eingeleitet werden. Mit dem Statusfeststellungsverfahren wird Scheinselbständigkeit aber nur geklärt, nicht verhindert. Die frühere gr0ße Amnestie, die eine Sozialversicherungsfreiheit während des gesamten Statusfeststellungsverfahrens, ggf. über die Instanzen, also bei zu einer rechtskräftigen Entscheidung, sicherstellte, existiert nicht mehr. Stattdessen sieht das SGB IV nur noch eine kleine Amnestie bis zum Bescheid der DRV vor und auch nur dann, wenn der betroffene Beschäftigte zustimmt und eine der gesetzlichen Absicherung gleichwertige Altersvorsorge und Krankenversicherung nachweist.

Statistisch sinkt die Quote der Anerkennung einer selbständigen Beschäftigung in Statusfeststellungsverfahren, ohne dass dies auf eine vermehrt scheinselbständige Beschäftigung zurückgeführt werden könnte. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die DRV zunehmend bei gleichen Beschäftigungsmodalitäten eine abhängige Beschäftigung annimmt. So wissen viele Provider von IT-Beratern, die regelmäßig Statusfeststellungsverfahren durchgeführt haben, dass sich 2009 das Ergebnis der Prüfung durch die DRV abrupt geändert hat – bei praktisch unveränderten Einsatzumständen und damit gleichartigen Anträgen in den Statusfeststellungsverfahren.

Hinzu kommt, dass das Statusfeststellungsverfahren nur eine Bindungswirkung für den jeweiligen Auftrag hat, also theoretisch vor jedem neuen Auftrag auch bei den gleichen Beteiligten erneut durchlaufen werden müsste. Man ahnt, was das für Eintageseinsätze in der Eventbranche oder bei Messehostessen bedeuten würde, allerdings auch für die Arbeitsbelastung der Sachbearbeiter der DRV.

Das Statusfeststellungsverfahren ändert aber nichts an der Tatsache, dass unter Zugrundelegung der Massstäbe der DRV agile Softwareentwicklung und Mixed Teams de lege lata, erst recht nach derzeitiger Praxis der Clearingstelle der DRV kaum im Rahmen einer echten selbständigen Tätigkeit denkbar sind. Auch ein Statusfeststellungsverfahren ändert also nichts an der Notwendigkeit, die Beschäftigung im Unternehmen, meist beim Endkunden, entsprechend anzupassen. In der Verantwortung steht diesbezüglich nicht der Freiberufler, sondern das Unternehmen, bei dem die Projektarbeit stattfindet.

Prüfungspraxis der DRV

Für die DRV stehen die Beschäftigungsumstände während des jeweilige Auftrags im Vordergrund, also „wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.“ Das dürfte bei agiler Softwareentwicklung und Mixed Teams kaum zu vermeiden sein.

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.

Nach Ansicht der DRV ist eine Eingliederung schon dann gegeben, wenn die IT des Auftraggebers genutzt werden muss. Wenn die Arbeitszeit festgelegt ist oder sich nach den Bedürfnissen des Auftraggebers richtet, spricht dies ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. Eine Vollzeitbeschäftigung verträgt sich danach ebenfalls nicht mit einer selbständigen Tätigkeit. Wenn der Arbeitsort beim Auftraggeber liegt, selbst wenn sich dies aus der Natur der Sache ergibt, oder gar vertraglich festgeschrieben ist, sieht die DRV ebenfalls ein wichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Selbst wenn die Tätigkeit zu einem großen Teil in eigenen Räumlichkeiten durchgeführt wird, sieht die DRV darin nur die Möglichkeit, auch im „Home-Office“ zu arbeiten.

Doppelmoral der DRV bei der Vergabe im Bereich EDV/IT

Es überrascht nicht, dass die DRV – die auch Leistungen von Freiberuflern einkaufen muss, dabei auch nicht anders verfährt als normale Auftraggeber aus der Privatwirtschaft. Insbesondere bei Freiberuflern arbeitet die DRV ebenfalls mit Stundensatz, Vorgaben bei Arbeitsort und Arbeitszeit und Berichtspflichten. Dazu erscheint in Kürze auf Scheinselbstaendigkeit.de ein ausführlicher Beitrag mit Belegen. Es würde den Autor verwundern, wenn dort keine agile Softwareentwicklung in Mixed Teams stattfinden würde. IT-Unternehmer berichten, dass sich die Tätigkeit bei der DRV in keiner Weise von der Beschäftigung unterscheidet, die die Clearingstelle bei Statusfeststellungsverfahren als scheinselbständig beanstandet.

Der Autor hört schon, wie die Clearingstelle das Problem sieht: „Wir sind für die Prüfung zuständig, für den Einkauf von Dienstleistungen ist eine andere Abteilung verantwortlich.“

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Bonn / Köln

Die Trends in der IT-Branche lauten agile Softwareentwicklung, am liebsten in sogenannten Mixed Teams, in denen externe und interne Mitarbeiter in einem Projekt zusammenarbeiten. Zusammen mit einem zunehmenden Sicherheitsbedürfnis der Auftraggeber (Stichwort Compliance – Beispiel SAP) beim Thema „Scheinselbständigkeit“ führt dies dazu, dass die Beauftragung und Vermittlung selbständiger IT-Berater komplizierter wird.

Agile Softwareentwicklung

Agile Softwareentwicklung versucht mit geringem bürokratischem Aufwand, wenigen Regeln und meist einem iterativen Vorgehen auszukommen. Als Leitsatz gilt: „Je mehr du nach Plan arbeitest, desto mehr bekommst du das, was du geplant hast, aber nicht das, was du brauchst.“, so Wikipedia.  Die Zusammenarbeit erfolgt dabei flexibel, d.h. so unbürokratisch wie möglich. Die Ziele werden dabei uU täglich überprüft und angepasst. Agile Softwareentwicklung steht in einem Widerspruch zu einer exakten vertraglichen Definition der zu erbringenden Leistung („Leistungsverzeichnis“), sie ähnelt mehr einer weisungsabhängigen Tätigkeit, also dem flexiblen Einsatz von Arbeitnehmern durch das sich auch auf Inhalte beziehende Weisungsrecht.

Mixed Teams

In Mixed Teams werden externe und interne Mitarbeiter gemeinsam eingesetzt, um an einem Projekt zu arbeiten. Unterschiede zwischen Externen und Internen werden – bis auf den formalen Status – dabei weitgegehend eingeebnet.

Compliance

Compliance und Verantwortlichkeiten für Risiken im Unternehmen führen dazu, dass die Angst der intern Verantwortlichen vor einer Beauftragung von Selbständigen zunimmt und damit das Bedürfnis nach möglichst 100 %iger Rechtssicherheit. Risikofreiheit ist beim Thema „Scheinselbständigkeit“ aber faktisch kaum zu erlangen. Das zeigt sich bereits daran, dass die Betriebsprüfungen meist unproblematisch verlaufen (allerdings ohne Gewähr für die Zukunft) und das Problem der Scheinselbständigkeit bei Freiberuflern (von arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen einmal abgesehen) auschließlich durch Statusfeststellungsverfahren „ausgelöst“ wurde und wird. Auch die Urteile zu dieser Problematik zeigen deutlich, dass die meisten Verfahren auf einem vermutlich überraschenden Ausgang von Statusfeststellungsverfahren beruhen und nur selten auf negativ verlaufenen Betriebsprüfungen.

Verantwortlichkeit für Scheinselbständigkeit

Kurioserweise sehen sich die Auftraggeber nur zum Teil in der Verantwortung für die Problematik der Scheinselbständigkeit. So sehen sich nur „sich 41 Prozent der Auftraggeber selbst in der Hauptverantwortung, wenn es um Maßnahmen gegen die Scheinselbständigkeit geht.“, so die Computerwoche. Auftraggeber sehen die Freiberufler zu einem ebenso hohen Anteil in der Pflicht. Dabei bestimmt der Auftraggeber faktisch alleine die Beschäftigungsumstände und damit die wesentlichen Kriterien, die für die Einordnung als „abhängige Beschäftigung“ maßgeblich sind. Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder die Rede davon ist, dass Freiberufler selbst etwas gegen Scheinselbständigkeit tun müssen, werden dabei meistens „mehrere Auftraggeber“, „Statusfeststellungsverfahren“ und „GmbH-Gründung“ genannt. Die zunehmende Tendenz auf Seiten der Auftraggeber, durch agile Softwareentwicklung und mixed Teams eine nach klassischer Definition scheinselbständige Beschäftigung zu forcieren, wird dabei ausgeblendet.

Nutzlosigkeit des Kriteriums „mehrere Auftraggeber“

In Fragebögen von Auftraggebern wird oft abgefragt, ob der selbständige Auftragnehmer mehrere Auftraggeber hat. Während dieses Kriterium bis 2003 noch eine Rolle bei der Vermutungsregelung (Kriterienkatalog) spielte, hat es aktuell lediglich nur noch eine Bedeutung bei der Frage ob eine arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit vorliegt, nämlich bei der 5/6 Regelung in § 2 Nr. 9 SGB VI. Bei der Frage, ob eine scheinselbständige oder selbständige Beschäftigung vorliegt, kommt es nach Ansicht der DRV und der meisten Sozialgerichte allerdings nur auf den konkreten Auftrag an und damit nicht darauf, ob weitere Auftraggeber und damit Aufträge bestehen. Sowohl die Clearingstelle der DRV prüft den Status der Beschäftigung zwischen dem am Statusfeststellungsverfahren beteiligten Auftraggeber und seinem Auftragnehmer als auch der Betriebsprüfer, der bekanntlich nur bei dem zu prüfenden Unternehmen den Status der „Fremdarbeiten“ unter die Lupe nimmt (und nicht den Auftragnehmer). Anders als beim arbeitnehmerähnlichen Selbständigen steht also nicht die Person des Selbständigen in Fokus der Prüfung, sondern die konkrete Beschäftigung.

Nach Ansicht der DRV kann ein Selbständiger mit mehreren Auftraggebern in jedem der Auftragsverhältnisse anders zu beurteilen sein. Genauer formuliert kann die Beschäftigung bei mehreren Auftraggebern jeweils unterschiedlich zu bewerten sein. Oder wie die DRV auch schon einmal formuliert: Auch Arbeitnehmer können mehrere Arbeitgeber, zB in „Patch-Work-Arbeitsverhältnissen“, haben.

Das große Missverständnis von Auftraggebern – auch großer Konzernunternehmen – besteht also darin, dass diese glauben, der Selbständige könne „scheinselbständig“ sein, quasi als personale Eigenschaft. Tatsächlich ist stets die Beschäftigung selbständig oder scheinselbständig – die immer in der Macht und damit Verantwortung des Auftraggebers liegt.

Untauglichkeit einer GmbH-Gründung

Neben einem Statusfeststellungsverfahren regen Auftraggeber immer öfter die Gründung einer GmbH an. Eine GmbH als „Mantel“ einer nur scheinbar selbständigen Beschäftigung ändert aber rechtlich nichts daran, dass Scheinselbständigkeit vorliegt. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für die Ein-Mann-GmbH. Im Detail hat der Autor zur Mode der GmbH-Gründung an anderer Stelle bereits die Rechtslage und die Position der DRV beleuchtet. Eine GmbH als Mantel einer unveränderten Beschäftigung beim Auftraggeber mag daher das Risiko in der Praxis vor allem bei Betriebsprüfungen tatsächlich verringern, nicht aber bei einer genauen Prüfung, z.B. im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens.

Sinnlosigkeit von Statusfeststellungsverfahren

Statusfeststellungsverfahren können durchaus sinnvoll sein, allerdings nur dann, wenn sie frühzeitig, d.h. im Idealfall vor der Beschäftigungsaufnahme, spätestens aber bis zum Ende des ersten Beschäftigungsmonats eingeleitet werden. Mit dem Statusfeststellungsverfahren wird Scheinselbständigkeit aber nur geklärt, nicht verhindert. Die frühere gr0ße Amnestie, die eine Sozialversicherungsfreiheit während des gesamten Statusfeststellungsverfahrens, ggf. über die Instanzen, also bei zu einer rechtskräftigen Entscheidung, sicherstellte, existiert nicht mehr. Stattdessen sieht das SGB IV nur noch eine kleine Amnestie bis zum Bescheid der DRV vor und auch nur dann, wenn der betroffene Beschäftigte zustimmt und eine der gesetzlichen Absicherung gleichwertige Altersvorsorge und Krankenversicherung nachweist.

Statistisch sinkt die Quote der Anerkennung einer selbständigen Beschäftigung in Statusfeststellungsverfahren, ohne dass dies auf eine vermehrt scheinselbständige Beschäftigung zurückgeführt werden könnte. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die DRV zunehmend bei gleichen Beschäftigungsmodalitäten eine abhängige Beschäftigung annimmt. So wissen viele Provider von IT-Beratern, die regelmäßig Statusfeststellungsverfahren durchgeführt haben, dass sich 2009 das Ergebnis der Prüfung durch die DRV abrupt geändert hat – bei praktisch unveränderten Einsatzumständen und damit gleichartigen Anträgen in den Statusfeststellungsverfahren.

Hinzu kommt, dass das Statusfeststellungsverfahren nur eine Bindungswirkung für den jeweiligen Auftrag hat, also theoretisch vor jedem neuen Auftrag auch bei den gleichen Beteiligten erneut durchlaufen werden müsste. Man ahnt, was das für Eintageseinsätze in der Eventbranche oder bei Messehostessen bedeuten würde, allerdings auch für die Arbeitsbelastung der Sachbearbeiter der DRV.

Das Statusfeststellungsverfahren ändert aber nichts an der Tatsache, dass unter Zugrundelegung der Massstäbe der DRV agile Softwareentwicklung und Mixed Teams de lege lata, erst recht nach derzeitiger Praxis der Clearingstelle der DRV kaum im Rahmen einer echten selbständigen Tätigkeit denkbar sind. Auch ein Statusfeststellungsverfahren ändert also nichts an der Notwendigkeit, die Beschäftigung im Unternehmen, meist beim Endkunden, entsprechend anzupassen. In der Verantwortung steht diesbezüglich nicht der Freiberufler, sondern das Unternehmen, bei dem die Projektarbeit stattfindet.

Prüfungspraxis der DRV

Für die DRV stehen die Beschäftigungsumstände während des jeweilige Auftrags im Vordergrund, also „wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.“ Das dürfte bei agiler Softwareentwicklung und Mixed Teams kaum zu vermeiden sein.

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.

Nach Ansicht der DRV ist eine Eingliederung schon dann gegeben, wenn die IT des Auftraggebers genutzt werden muss. Wenn die Arbeitszeit festgelegt ist oder sich nach den Bedürfnissen des Auftraggebers richtet, spricht dies ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. Eine Vollzeitbeschäftigung verträgt sich danach ebenfalls nicht mit einer selbständigen Tätigkeit. Wenn der Arbeitsort beim Auftraggeber liegt, selbst wenn sich dies aus der Natur der Sache ergibt, oder gar vertraglich festgeschrieben ist, sieht die DRV ebenfalls ein wichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Selbst wenn die Tätigkeit zu einem großen Teil in eigenen Räumlichkeiten durchgeführt wird, sieht die DRV darin nur die Möglichkeit, auch im „Home-Office“ zu arbeiten.

Doppelmoral der DRV bei der Vergabe im Bereich EDV/IT

Es überrascht nicht, dass die DRV – die auch Leistungen von Freiberuflern einkaufen muss, dabei auch nicht anders verfährt als normale Auftraggeber aus der Privatwirtschaft. Insbesondere bei Freiberuflern arbeitet die DRV ebenfalls mit Stundensatz, Vorgaben bei Arbeitsort und Arbeitszeit und Berichtspflichten. Dazu erscheint in Kürze auf Scheinselbstaendigkeit.de ein ausführlicher Beitrag mit Belegen. Es würde den Autor verwundern, wenn dort keine agile Softwareentwicklung in Mixed Teams stattfinden würde. IT-Unternehmer berichten, dass sich die Tätigkeit bei der DRV in keiner Weise von der Beschäftigung unterscheidet, die die Clearingstelle bei Statusfeststellungsverfahren als scheinselbständig beanstandet.

Der Autor hört schon, wie die Clearingstelle das Problem sieht: „Wir sind für die Prüfung zuständig, für den Einkauf von Dienstleistungen ist eine andere Abteilung verantwortlich.“

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Bonn / Köln