Scheinselbständigkeit: Paketdienstfahrer sind Arbeitnehmer

berichtet die FAZ (> online hier). Entschieden hatte das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 19.10.2006 – L 8/14 KR 1188/03). Das Urteil liegt jetzt im Volltext vor.

Der Paketdienstfahrer war vom 01.09.1991 bis zum 30.06.1998 auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen, zuletzt eines sogenannten Lohnvorvertrages, für einen Paketdienst als Transportfahrer tätig. Die Tätigkeit des Fahrers bestand darin, mit einem von ihm zur Verfügung gestellten, nach den Vorgaben des Auslieferungsservices lackierten und beschrifteten Fahrzeug Paketsendungen von Kunden der Klägerin abzuholen und diese zum Depot der Klägerin zu befördern bzw. im Depot aufgenommene Paketsendungen zu den Empfängern zu bringen. Hierbei war dem Paketdienstfahrer ein bestimmtes Einsatzgebiet zugeteilt. Er hatte sein Fahrzeug in der Zeit von Montag bis Freitag dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und dieses in den Farben und mit dem Schriftzug des Auftraggebers zu lackieren. Der Fahrer des Fahrzeugs war verpflichtet, morgens um 6:00 Uhr im Betrieb des Paketdienstes zu erscheinen, um die von ihm zu transportierenden Pakete entgegen zu nehmen. Bei der Auslieferung der Pakete hatte der Fahrer die von dem Unternehmen bestimmte “Imagekleidung” zu tragen. Dem Fahrer war es gestattet, zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen andere Fahrer einzusetzen. Für die Fuhrtätigkeit erhielt der Fahrer eine Grundvergütung (”Tagesgarantie”) von 250,00 DM pro Arbeitstag. Für mehr als 95 zugestellte Pakete erhielt er darüber hinaus eine zusätzliche Leistungsvergütung (2,00 DM für zugestellte, 0,40 DM für abgeholte Pakete).

Das LSG bestätigte die Sozialversicherungspflichtigkeit der Tätigkeit. Der Paketservice musste daher 47.778,88 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen.

Bereits das Bundessozialgericht (BSG) hatte in seinem Urteil vom 22.06.2005 (B 12 KR 28/03 R, zum Volltext) entschieden, das Transportfahrer jedenfalls dann abhängig beschäftigt und sozialversicherungspflichtig sind, wenn ihre Weisungsgebundenheit über das Maß an Weisungsunterworfenheit hinausgeht, dem Frachtführer in Bezug auf die anvertraute Ware sowohl von Seiten des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes nach § 418 HGB unterliegen. In einer anderen Entscheidung hatte das BSG ebenfalls den selbständigen Fahrer eines Transporters als abhängig beschäftigten Arbeitnehmer angesehen (BSG vom 08.08.2005 Aktenzeichen B 12 KR 68/04 B, Volltext hier).

Die Einordnung ist immer eine Frage des Einzelfalls, der sorgfältig geprüft werden muss.

Michael Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
http://www.scheinselbstaendigkeit.de

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Interviews zum Thema Scheinselbständigkeit:

(1) Computerwoche vom 04.08.2014: Verunsicherung im Markt I Scheinselbständig: IT-Freiberufler im Visier der Rentenversicherung? von Andrea König (Autor) mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [21]

(2) Verbraucherportal Biallo vom 05.12.2011: Selbstständig im Nebenberuf – Tipps und Fallstricke. Ein Beitrag von Rolf Winkel mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [22]

(3) Lohn und GehaltsPROFI aktuell 2/2011: Sonderausgabe Scheinselbständigkeit: Verstärkte Prüfungen [23]. Beiträge von Chefredakteur Lutz Schumann und Rechtsanwalt Michael W. Felser.

(4) Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AHGZ) 2008/40 (Seite 15): Selbständig oder nur zum Schein. Urteil zur Selbstständigkeit verunsichert das Gastgewerbe. Aber Vorsicht: „Die Feststellung ist keineswegs rechtskräftig“, warnt Michael W. Felser, Rechtsanwalt aus Brühl. Ein Beitrag von Norbert Sass mit Interview von Rechtsanwalt Felser. [24]

(5) „BKK Zollern-Alb Business“ Heft 2 2002 (Seite 6/7): Scheinselbständigkeit – programmierter Ruin. Ein Beitrag von Jürgen Ponath mit Interview Rechtsanwalt Felser.[25]

(6) Financial Times Deutschland vom 27.6.2000: „Rentenkasse versperrt Selbstständigen die Flucht. Für Selbstständige in Deutschland wird es schwerer, sich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entziehen.“ Ein Beitrag von Margarethe Heckel mit Zitaten aus einem Interview mit Rechtsanwalt Felser [26]


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berichtet die FAZ (> online hier). Entschieden hatte das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 19.10.2006 – L 8/14 KR 1188/03). Das Urteil liegt jetzt im Volltext vor.

Der Paketdienstfahrer war vom 01.09.1991 bis zum 30.06.1998 auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen, zuletzt eines sogenannten Lohnvorvertrages, für einen Paketdienst als Transportfahrer tätig. Die Tätigkeit des Fahrers bestand darin, mit einem von ihm zur Verfügung gestellten, nach den Vorgaben des Auslieferungsservices lackierten und beschrifteten Fahrzeug Paketsendungen von Kunden der Klägerin abzuholen und diese zum Depot der Klägerin zu befördern bzw. im Depot aufgenommene Paketsendungen zu den Empfängern zu bringen. Hierbei war dem Paketdienstfahrer ein bestimmtes Einsatzgebiet zugeteilt. Er hatte sein Fahrzeug in der Zeit von Montag bis Freitag dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und dieses in den Farben und mit dem Schriftzug des Auftraggebers zu lackieren. Der Fahrer des Fahrzeugs war verpflichtet, morgens um 6:00 Uhr im Betrieb des Paketdienstes zu erscheinen, um die von ihm zu transportierenden Pakete entgegen zu nehmen. Bei der Auslieferung der Pakete hatte der Fahrer die von dem Unternehmen bestimmte “Imagekleidung” zu tragen. Dem Fahrer war es gestattet, zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen andere Fahrer einzusetzen. Für die Fuhrtätigkeit erhielt der Fahrer eine Grundvergütung (”Tagesgarantie”) von 250,00 DM pro Arbeitstag. Für mehr als 95 zugestellte Pakete erhielt er darüber hinaus eine zusätzliche Leistungsvergütung (2,00 DM für zugestellte, 0,40 DM für abgeholte Pakete).

Das LSG bestätigte die Sozialversicherungspflichtigkeit der Tätigkeit. Der Paketservice musste daher 47.778,88 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen.

Bereits das Bundessozialgericht (BSG) hatte in seinem Urteil vom 22.06.2005 (B 12 KR 28/03 R, zum Volltext) entschieden, das Transportfahrer jedenfalls dann abhängig beschäftigt und sozialversicherungspflichtig sind, wenn ihre Weisungsgebundenheit über das Maß an Weisungsunterworfenheit hinausgeht, dem Frachtführer in Bezug auf die anvertraute Ware sowohl von Seiten des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes nach § 418 HGB unterliegen. In einer anderen Entscheidung hatte das BSG ebenfalls den selbständigen Fahrer eines Transporters als abhängig beschäftigten Arbeitnehmer angesehen (BSG vom 08.08.2005 Aktenzeichen B 12 KR 68/04 B, Volltext hier).

Die Einordnung ist immer eine Frage des Einzelfalls, der sorgfältig geprüft werden muss.

Michael Felser
Rechtsanwalt
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Interviews zum Thema Scheinselbständigkeit:

(1) Computerwoche vom 04.08.2014: Verunsicherung im Markt I Scheinselbständig: IT-Freiberufler im Visier der Rentenversicherung? von Andrea König (Autor) mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [21]

(2) Verbraucherportal Biallo vom 05.12.2011: Selbstständig im Nebenberuf – Tipps und Fallstricke. Ein Beitrag von Rolf Winkel mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [22]

(3) Lohn und GehaltsPROFI aktuell 2/2011: Sonderausgabe Scheinselbständigkeit: Verstärkte Prüfungen [23]. Beiträge von Chefredakteur Lutz Schumann und Rechtsanwalt Michael W. Felser.

(4) Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AHGZ) 2008/40 (Seite 15): Selbständig oder nur zum Schein. Urteil zur Selbstständigkeit verunsichert das Gastgewerbe. Aber Vorsicht: „Die Feststellung ist keineswegs rechtskräftig“, warnt Michael W. Felser, Rechtsanwalt aus Brühl. Ein Beitrag von Norbert Sass mit Interview von Rechtsanwalt Felser. [24]

(5) „BKK Zollern-Alb Business“ Heft 2 2002 (Seite 6/7): Scheinselbständigkeit – programmierter Ruin. Ein Beitrag von Jürgen Ponath mit Interview Rechtsanwalt Felser.[25]

(6) Financial Times Deutschland vom 27.6.2000: „Rentenkasse versperrt Selbstständigen die Flucht. Für Selbstständige in Deutschland wird es schwerer, sich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entziehen.“ Ein Beitrag von Margarethe Heckel mit Zitaten aus einem Interview mit Rechtsanwalt Felser [26]