Vorsicht Falle

Scheinselbständigkeit prüfen, aber richtig!

Auftraggeber sollten die Beschäftigung von Selbständigen vor dem ersten Auftrag auf Scheinselbständigkeit prüfen, egal ob es sich um Freiberufler, freie Mitarbeiter oder Honoarkräfte handelt. Die Folgen von Scheinselbständigkeit treffen vor allem den Auftraggeber, unter Umständen aber auch den Endkunden. Das Sozialgesetzbuch schützt den Selbständigen vor Nachforderungen, die Sozialversicherungsbeiträge können – als Arbeitnehmeranteil – nur für die Zukunft anteilig vom Selbständigen. Für die Vergangenheit trägt der Auftraggeber bzw. Arbeitgeber bei Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung die volle Beitragslast.

So prüfen Sie, ob Scheinselbständigkeit vorliegt

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Vorliegen von Scheinselbständigkeit zu prüfen.In Betracht kommt eine präventive Prüfung durch Anwalt, Steuerberater oder die Einschaltung der Clearingstelle der DRV durch einen Antrag im Statusfeststellungsverfahren.

Scheinselbständigkeit prüfen durch Anwalt oder Steuerberater?

Die sicherste Möglichkeit ist die Prüfung durch einen auf Scheinselbständigkeit spezialisierten Anwalt. Dieser kennt sich sowohl im Sozialversicherungsrecht als auch im Arbeitsrecht und Steuerrecht und – schlimmstenfalls – im Strafrecht aus. Die Frage der Selbständigkeit wird in allen drei Rechtsgebieten unterschiedlich beantwortet, am großzügigsten im Steuerrecht, deshalb geben Steuerberater häufig falsche Auskünfte. Der spezialisierte Anwalt hat auch Erfahrungen in Verhandlungen mit Zoll, DRV, Finanzamt und Staatsanwaltschaft. Steuerberater können allenfalls die oft unproblematische steuerrechtliche Selbständigkeit prüfen, nach Ansicht des Bundessozialgerichts und leider auch nach den Erfahrungen des Autors sind Steuerberater dagegen für die Prüfung von Scheinselbständigkeit im sozialversicherungsrechtlichen  Sinne nicht qualifiziert. Der Bundesgerichtshof verlangt daher von Steuerberatern zur Vermeidung einer Haftung, dass diese bei Anhaltspunkten für Scheinselbständigkeit an einen spezialisierten Anwalt verweisen.

Allerdings haben nur wenige Anwälte bundesweit große Erfahrung mit dem Thema Scheinselbständigkeit. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen gibt es keinen Fachanwalt für Scheinselbständigkeit. Zum anderen sind oft mehrere Rechtsgebiete betroffen, die ein Anwalt beherrschen muss. Wie immer macht auch hier neben anderen Fähigkeiten und Einstellungen vor allem die Erfahrung den Meister.

Im Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der DRV Scheinselbständigkeit prüfen lassen?

Vorsicht Falle! Das Statusfeststellungsverfahren vor der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ist auf den ersten Blick die kostengünstigste Möglichkeit, die Frage klären zu lassen, ob eine selbständige Beschäftigung oder eine abhängige Beschäftigung (Scheinselbständigkeit) vorliegt. Allerdings kann das Verfahren sehr teuer werden, wenn das Ergebnis, wie in mehr als der Hälfte aller Fälle, eine Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ist. Das Defizit der Rentenkasse steigt und steigt, man darf sicher vermuten, dass das Eigeninteresse der DRV an einer Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit hoch ist.

Sinn macht das Statusfeststellungsverfahren auch nur dann, wenn es VOR oder spätestens im ersten Monat nach der Beschäftigungsaufnahme beantragt wird. Das SGB IV sieht nämlich vor, dass bei Antragstellung vor Ablauf des ersten Monats die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung eintritt. Diese kleine Amnestie kann aber nur in Anspruch genommen werden, wenn a) der Auftragnehmer eine angemessene Absicherung für das Alter und Krankheit nachweisen kann und b) der Auftragnehmer dem zustimmt.

Dauert die Beschäftigung schon länger als einen Monat, ist das Statusfeststellungsverfahren mit hohen Risiken behaftet. Es wirkt dann wie eine Selbstanzeige ohne Amnestie. Es sollte auf keinen Fall ohne vorherige Prüfung durch einen spezialisierten Anwalt eingeleitet werden. Wir haben zahlreiche Mandate, in denen – vielleicht gutgläubig – im Vertrauen auf eine echte selbständige Tätigkeit Bescheide der DRV ergingen, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt.

Für jeden Zeitpunkt der Beantragung einer Statusfeststellung aber gilt: Das hohe Eigeninteresse der DRV spiegelt sich in den Statistiken wieder, nach denen Jahr für Jahr prozentual immer mehr Bescheide eine Sozialversicherungspflicht annehmen. Da die DRV geschickt fragt, Laien oft blauäugig antworten, werden die Möglichkeiten einer Reparatur durch den Anwalt eingeschränkt, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Es empfiehlt sich daher immer die frühzeitige Einschaltung eines Rechtsanwaltes VOR der Antragstellung. Der Anwalt wird später immer teurer, kann aber immer weniger erreichen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Köln / Berlin

Zahlreiche Experteninterviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema „Scheinselbständigkeit“ und „Schwarzarbeit“  seit 1999 (u.a. 1999 in der Financial Times Deutschland – FTD, später im Westdeutscher Rundfunk Westpol (TV leider nicht mehr online), BILD.deBILD.de, (WDR 5 Rundfunk, leider nicht mehr online, Deutschlandfunk, BILD.de, Lohn- und Gehaltsprofi Sonderheft „Scheinselbständigkeit“, Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AHGZ), Mitgliederzeitschrift BKK-Zollern-Alb, Geldidee, Merkur-online) belegen unsere anerkannte Reputation auf diesem Gebiet. In der Fachzeitschrift Computerwoche ist im August 2014 ein Beitrag (Scheinselbständig: IT-Freiberufler im Visier der Rentenversicherung?) mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Felser erschienen.


Beitrag veröffentlicht

in

, ,

von

Auftraggeber sollten die Beschäftigung von Selbständigen vor dem ersten Auftrag auf Scheinselbständigkeit prüfen, egal ob es sich um Freiberufler, freie Mitarbeiter oder Honoarkräfte handelt. Die Folgen von Scheinselbständigkeit treffen vor allem den Auftraggeber, unter Umständen aber auch den Endkunden. Das Sozialgesetzbuch schützt den Selbständigen vor Nachforderungen, die Sozialversicherungsbeiträge können – als Arbeitnehmeranteil – nur für die Zukunft anteilig vom Selbständigen. Für die Vergangenheit trägt der Auftraggeber bzw. Arbeitgeber bei Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung die volle Beitragslast.

So prüfen Sie, ob Scheinselbständigkeit vorliegt

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Vorliegen von Scheinselbständigkeit zu prüfen.In Betracht kommt eine präventive Prüfung durch Anwalt, Steuerberater oder die Einschaltung der Clearingstelle der DRV durch einen Antrag im Statusfeststellungsverfahren.

Scheinselbständigkeit prüfen durch Anwalt oder Steuerberater?

Die sicherste Möglichkeit ist die Prüfung durch einen auf Scheinselbständigkeit spezialisierten Anwalt. Dieser kennt sich sowohl im Sozialversicherungsrecht als auch im Arbeitsrecht und Steuerrecht und – schlimmstenfalls – im Strafrecht aus. Die Frage der Selbständigkeit wird in allen drei Rechtsgebieten unterschiedlich beantwortet, am großzügigsten im Steuerrecht, deshalb geben Steuerberater häufig falsche Auskünfte. Der spezialisierte Anwalt hat auch Erfahrungen in Verhandlungen mit Zoll, DRV, Finanzamt und Staatsanwaltschaft. Steuerberater können allenfalls die oft unproblematische steuerrechtliche Selbständigkeit prüfen, nach Ansicht des Bundessozialgerichts und leider auch nach den Erfahrungen des Autors sind Steuerberater dagegen für die Prüfung von Scheinselbständigkeit im sozialversicherungsrechtlichen  Sinne nicht qualifiziert. Der Bundesgerichtshof verlangt daher von Steuerberatern zur Vermeidung einer Haftung, dass diese bei Anhaltspunkten für Scheinselbständigkeit an einen spezialisierten Anwalt verweisen.

Allerdings haben nur wenige Anwälte bundesweit große Erfahrung mit dem Thema Scheinselbständigkeit. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen gibt es keinen Fachanwalt für Scheinselbständigkeit. Zum anderen sind oft mehrere Rechtsgebiete betroffen, die ein Anwalt beherrschen muss. Wie immer macht auch hier neben anderen Fähigkeiten und Einstellungen vor allem die Erfahrung den Meister.

Im Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der DRV Scheinselbständigkeit prüfen lassen?

Vorsicht Falle! Das Statusfeststellungsverfahren vor der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ist auf den ersten Blick die kostengünstigste Möglichkeit, die Frage klären zu lassen, ob eine selbständige Beschäftigung oder eine abhängige Beschäftigung (Scheinselbständigkeit) vorliegt. Allerdings kann das Verfahren sehr teuer werden, wenn das Ergebnis, wie in mehr als der Hälfte aller Fälle, eine Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ist. Das Defizit der Rentenkasse steigt und steigt, man darf sicher vermuten, dass das Eigeninteresse der DRV an einer Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit hoch ist.

Sinn macht das Statusfeststellungsverfahren auch nur dann, wenn es VOR oder spätestens im ersten Monat nach der Beschäftigungsaufnahme beantragt wird. Das SGB IV sieht nämlich vor, dass bei Antragstellung vor Ablauf des ersten Monats die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung eintritt. Diese kleine Amnestie kann aber nur in Anspruch genommen werden, wenn a) der Auftragnehmer eine angemessene Absicherung für das Alter und Krankheit nachweisen kann und b) der Auftragnehmer dem zustimmt.

Dauert die Beschäftigung schon länger als einen Monat, ist das Statusfeststellungsverfahren mit hohen Risiken behaftet. Es wirkt dann wie eine Selbstanzeige ohne Amnestie. Es sollte auf keinen Fall ohne vorherige Prüfung durch einen spezialisierten Anwalt eingeleitet werden. Wir haben zahlreiche Mandate, in denen – vielleicht gutgläubig – im Vertrauen auf eine echte selbständige Tätigkeit Bescheide der DRV ergingen, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt.

Für jeden Zeitpunkt der Beantragung einer Statusfeststellung aber gilt: Das hohe Eigeninteresse der DRV spiegelt sich in den Statistiken wieder, nach denen Jahr für Jahr prozentual immer mehr Bescheide eine Sozialversicherungspflicht annehmen. Da die DRV geschickt fragt, Laien oft blauäugig antworten, werden die Möglichkeiten einer Reparatur durch den Anwalt eingeschränkt, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Es empfiehlt sich daher immer die frühzeitige Einschaltung eines Rechtsanwaltes VOR der Antragstellung. Der Anwalt wird später immer teurer, kann aber immer weniger erreichen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Köln / Berlin

Zahlreiche Experteninterviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema „Scheinselbständigkeit“ und „Schwarzarbeit“  seit 1999 (u.a. 1999 in der Financial Times Deutschland – FTD, später im Westdeutscher Rundfunk Westpol (TV leider nicht mehr online), BILD.deBILD.de, (WDR 5 Rundfunk, leider nicht mehr online, Deutschlandfunk, BILD.de, Lohn- und Gehaltsprofi Sonderheft „Scheinselbständigkeit“, Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AHGZ), Mitgliederzeitschrift BKK-Zollern-Alb, Geldidee, Merkur-online) belegen unsere anerkannte Reputation auf diesem Gebiet. In der Fachzeitschrift Computerwoche ist im August 2014 ein Beitrag (Scheinselbständig: IT-Freiberufler im Visier der Rentenversicherung?) mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Felser erschienen.